Es ist Halbzeit der Ausstellung DER ÄTHIOPISCHE MANTEL. Zeit, die Diskussion zu eröffnen, auch nach Äthiopien hin. Was denkt Ihr, denken Sie: sollte der Mantel nach Äthiopien zurückkehren? General Enea Navarini brachte ihn 1938 aus dem Italienisch-Abessinischen Krieg mit in die Villa Freischütz. Die genauen Umstände kennen wir (noch) nicht: war es ein Geschenk? Kriegsbeute? Und macht das einen Unterschied?
Aber wir sind auch brennend an einem Feedback auf Ausstellung und Podcast interessiert. Was sagt Ihr, sagen Sie dazu, wie wir den Mantel zeigen? Ist die Präsentation im Roten Salon der Villa Freischütz angemessen oder unangemessen? Sind unsere Texte zu kritisch, zu unkritisch, haben wir etwas Wichtiges vergessen?
Wir sind das erste Museum in Südtirol, das sich dem Thema Kolonialismus widmet – und wir wollen dazulernen.
Hier zeigen wir einen Film über die Ausstellung und veröffentlichen die Ausstellungstexte (auch auf Amharisch, Englisch und Italienisch). In der Ausstellung zeigen wir den Mantel mit einem Musikmix. Aus rechtlichen Gründen ist das online leider nicht möglich. Aber es handelt sich um einen Mix aus einer sentimentalen „Filmmusik“ und zwei eher heftigen, disharmonischen Titeln. Auch diese Idee stellen wir zur Kritik.
Wir, Ariane Karbe und Hannes Obermair, sind verantwortlich für das Projekt und freuen uns über Kommentare (unten) oder Mails: info@villafreischuetz.org.
Liebe Fanaye,
vielen Dank für Ihren ausführlichen und für unser Projekt hochinteressanten Kommentar. Es war bisher sehr schwierig für uns, etwas über einzelne Widerstandskämpfer in Erfahrung zu bringen. Die Geschichte Ihres Großvaters ist daher sehr wertvoll für unsere Erzählung. General Enea Navarini war direkt an Polizeiaktionen beteiligt zur Verfolgung von Ras Desta Demtu. In Folge 2 unseres Podcasts (zu finden hier auf dieser Website) erörtern wir daher auch die Möglichkeit, der Mantel könnte Ras Desta gehört haben. Das ist allerdings bisher nicht belegbar, und auch nicht, dass der lembd einem anderen Widerstandskämpfer gehört hat. Aktuell gibt es von äthiopischer Seite aus kein Interesse an einer Rückgabe des Umhangs. In Folge 3 des Podcasts werden wir ein Fazit ziehen.
Eine Zeitungsausschnitt Ihrer Ausstellung wurde mir von meiner langjährigen Freundin aus Lana zugeschickt.
Jetzt werde ich Ihnen schreiben was nicht in Ihre Geschichtsbücher steht. Mein Großvater war einer der Widerstandskämpfer gegen Graziani und Badoglio. Als die Generäle Addis Abeba in Besitz nehmen wollten fanden sie eine verbrannte Stadt. Denn zuvor hatten mein Großvater und Ras Abebe Aregay die vielen Hütten unter Feuer gesetzt bevor sie zusammen mit allen kampffähigen Männern die Stadt verließen. Der Brand hat Graziani nicht gut bekommen. Er war wütend und gab den Befehl alle hohen Beamten zu massakrieren. Die meisten waren betagte bzw. gebrechliche Männer, die unter Kaiser Menelik II gedient haben. Eine der erschossene war der Vater meiner Großmutter. Ihre Frauen und Kinder, die sich in einer Kirche betend gefunden haben, wurden nach der Insel Asinara verschleppt (Kriegsbeute?) und blieben bis Ende des Krieges.
Vielleicht gehörte Ihr Prachtstück „Der äthiopischer Mantel“ einer der massakrierten. Dann klebt unsichtbares Blut an ihn. Deshalb rate ich Ihnen auch den Mantel an das christliches Land zurück zu geben.
Liebe Frau Zimmermann,
vielen Dank für Ihren Kommentar und das Interesse an unserem Projekt. Wir sammeln zur Zeit noch alle Reaktionen und Meinungen und werden am Ende dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen. Zurzeit ist unsere Einschätzung, dass der Mantel zu unbedeutsam ist, um für eine Restitution interessant zu sein. Wir sind ins Projekt gestartet mit der Frage, ob der Mantel eventuell Kaiser Menelik oder Ras Desta Demtù (General Enea Navarini war an seiner Verfolgung beteiligt und es gibt ein Foto, das ihn in einem Haus von Ras Desta Demtù zeigt) gehört hat, doch darauf gibt es keinerlei Hinweise. Aber wir schauen, was sich noch ergibt und berichten darüber in den weiteren Folgen unseres Podcasts, der hier auf der Website abgerufen werden kann.
Liebe Cornelia Gasche,
auf jeden Fall veröffentlichen wir den weiteren Werdegang des Projektes. Gerade arbeiten wir an der zweiten Folge unseres Podcasts, der hier auf der Website abgerufen werden kann. Vielen Dank für das Interesse!
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Mensch deutsch-äthiopischer Herkunft wundert mich Ihre Frage. Selbstverständlich müssen Kulturgüter an das Herkunftsland zurückgegeben werden. Es gibt dort eine Regierung, welche diese entgegen nimmt.
Falls vermutet wird, dass es sich um ein Geschenk handeln könnte, würde ich solche Überlegungen zurückstellen. In einem Krieg sind auch Geschenke oft nicht freiwillig.
Insofern ist es sinnvoll und das einzig Richtige, die nächste äthiopische Botschaft zu kontaktieren und den Mantel an diese zurückzugeben.
Sind auf Urlaub und haben das Museum zufällig entdeckt. Das Thema um den Mantel ist super spannend. Leider haben wir keine Möglichkeit mehr zum Besuch. Bitte veröffentlicht den Werdegang… HG Cornelia Gasche