Ich hatte einen Beitrag über den Weg Ellen Tornquists zur Künstlerin angekündigt – und dann ist mein Computer abgestürzt. Seit Wochen warte ich auf die Rückgewinnung der Daten (Daumendrücken erwünscht!). Ich schreibe dies hier nicht nur, um die Pause zu erklären, sondern um zu zeigen: auch solche Maleschen gehören zum Alltag einer Kuratorin dazu, auch so etwas kann die Forschung und Museumsarbeit beeinträchtigen.
Aber ich wollte mich gerne noch einmal dieses Jahr bei Ihnen und Euch melden. Ein Glanzstück der Sammlung in der „Villa Freischütz“ passt nämlich wunderbar zu Weihnachten. Ellen Tornquist malte es im Jahr 1906, kurz also nachdem sie Familie Fromm kennengelernt hatte.
Es hängt heute in der Dauerausstellung, um zu veranschaulichen, dass Franz Fromm mit seinen Kindern die typische Idylle einer bürgerlichen Familie um 1900 zu leben versuchte, und sich hier auch so inszenierte.
Einen anderen Eindruck vermitteln die beiden Fotografien, die vermutlich am selben Weihnachtsfest entstanden sind.
Der Gabentisch ist chaotisch überladen, die beiden (!) Weihnachtsbäume sehen ramponiert aus. Interessant sind die Aufnahmen aber noch aus einem anderen Grund: auf dem Gabentisch sind mehrere Werke von Ellen Tornquist zu sehen. Das Pastell mit dem afrikanischen Jungen und das „Seestück“ in der Mitte befinden sich auch heute noch in der Sammlung Freischütz. Das halb verdeckte Gemälde rechts ist wahrscheinlich auch eines von Ellen Tornquists Werken, noch konnten wir es jedoch nicht zuordnen.
Was Ellen Tornquist zu ihrer Afrikareise bewog, auf der sie auch das Pastell anfertigte, wissen wir noch nicht.* Aber gerade habe ich in einer Datenbank eine Passagierliste gefunden, die uns verrät, dass sie im Oktober 1902 von Hamburg aus in See gestochen ist, auf einem Dampfschiff der Woermann-Linie. Ziel: Swakopmund im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Kurz zuvor war mir im Meraner Stadtarchiv in einer Fremdenliste eine kleine Anzeige ins Auge gefallen:
Erste Recherchen zeigen, dass auch Südwestafrika als idealer Aufenthaltsort für Lungenkranke galt – und Ellen Tornquist litt aller Wahrscheinlichkeit nach unter Tbc. Hatte ihre Krankheit sie genauso wie nach Meran auch nach Afrika geführt? Im nächsten Jahr geht es weiter mit unserer Spurensuche. Dann hoffentlich mit all der Fülle der bereits recherchierten Informationen. Und dann erzähle ich endlich auch, wie Ellen Tornquist zu einem „Malweib“ wurde, in München und in Paris.
*Nachtrag am 8.5.2021: Aufgrund von Aktenmaterial, das im deutschen Bundesarchiv verwahrt wird, wissen wir inzwischen, dass Ellen Tornquist im Auftrag der Reederei selber, also der Woermann-Linie, Afrika umrundet hat, um Kunst zu erwerben. Was es damit genau auf sich hatte, hoffe ich, durch weitere Recherchen aufklären zu können.